Einleitende Informationen zu Bildung und Beruf
Das Bildungssystem in Deutschland ist für Geflüchtete schwer verständlich. Insbesondere die Zugangsvoraussetzungen in unserem gegliederten System mit seinen vielfältigen Übergängen sind auch für hier Geborene nicht transparent. Hinzu kommt ein völlig verschiedenes Verständnis dessen, was in Deutschland als Beruf bezeichnet wird: In vielen Herkunftsländern der Geflüchteten spielen formelle Abschlüsse keine bzw. eine untergeordnete Rolle. Was zählt, ist die im Berufsleben erworbene Kompetenz. Wenn daher hier Fragebögen der Arbeitsverwaltung/Jobcenter auszufüllen sind, um eine passgenaue Vermittlung vornehmen zu können, so werden Geflüchtete sehr häufig weit unter ihren Möglichkeiten eingestuft, da die hier vielfach vorausgesetzten Abschlüsse nicht vorliegen (können).
Insbesondere im größten Arbeitsmarktsegment, dem der Facharbeiter und Fachangestellten, führt dies zu Paradoxien:
- Der durch lange Berufserfahrung qualifizierte Geflüchtete wird zunächst als "Ungelernter" wahrgenommen.
- Seine Kompetenz kann dagegen deutlich höher sein, als die eines deutschen Facharbeiters, da er sie in weit breiteren Tätigkeitsfeldern erwerben konnte, als dies einem deutschen Facharbeiter/Fachangestellten möglich ist.
- Letzterer wird durch die Berufsförmigkeit unseres Bildungssystems zum Spezialisten in einem erlernten Beruf, der sich von verwandten Berufen möglichst trennscharf unterscheidet.
Dies enthebt natürlich nicht von der Notwendigkeit, hier geltende rechtliche und normative Vorschriften zu vermitteln.
Mit Hilfe der Stichworte im Kapitel "Bildung und Beruf" werden möglichst viele Zugänge zu diesem komplexen Themenfeld dagestellt, soweit dies die genannten Widersprüchlichkeiten zulassen. Es empfiehlt sich daher, in Beratungssituationen unter mehreren Stichworten nachzusehen: Neben den zu berücksichtigenden Rechtsgebieten gibt es glücklicherweise viel guten Willen beim Gestalten praktikabler Einzelfalllösungen.