Generelle Zugangsregelungen: Unterschied zwischen den Versionen
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* Für Schulen, Hochschulen und Universitäten steht in der Praxis der Zugang ohne asylrechtliche Regelungen offen. | * Für Schulen, Hochschulen und Universitäten steht in der Praxis der Zugang ohne asylrechtliche Regelungen offen. | ||
* Ausbildungsverhältnisse können unabhängig vom Flüchtlinhsstatus nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland abgeschlossen werden. | * Ausbildungsverhältnisse können unabhängig vom Flüchtlinhsstatus nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland abgeschlossen werden. | ||
+ | * Nach dem Integrationsgesetz vom 31.7.2016 wird für betriebliche und schulische Berufsausbildung eine Duldung für die Dauer der Ausbildung (drei Jahre) sowie für zwei Folgejahre bei Beschäftigung beim Ausbildenden erteilt. Wird der Ausgebildete nicht übernommen, erhält er zur Arbeitssuche eine sechsmonatige Duldung. | ||
* Für Praktika wird seit einiger Zeit in die Flüchtlingsausweise eine Genehmigung eingestempelt, soweit diese möglich ist. Näheres findet sich in Inhaltsverzeichnis unter Praktikum. | * Für Praktika wird seit einiger Zeit in die Flüchtlingsausweise eine Genehmigung eingestempelt, soweit diese möglich ist. Näheres findet sich in Inhaltsverzeichnis unter Praktikum. | ||
* Für Geflüchtete aus Ländern, die Seitens der Bundesregierung als "sichere Herkunftsländer" bezeichnet werden, gelten verschärfte Beschäftigungsverbote. | * Für Geflüchtete aus Ländern, die Seitens der Bundesregierung als "sichere Herkunftsländer" bezeichnet werden, gelten verschärfte Beschäftigungsverbote. |
Version vom 20. Oktober 2016, 12:34 Uhr
Für den Einstieg in Bildung und Beruf gibt es unterschiedliche Voraussetzungen, die jeweils erfüllt sein müssen. Zielkonflikte sind unter der Kategorie "Asylrechtliche Voraussetzungen" beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Anerkennung von Abschlüssen
Schulabschlüsse
Für die Anerkennung von schulischen Abschlüssen gibt die Antwort auf eine kleine Anfrage im Abgeordenetenhaus einen guten Überblick: [1]
Hochschul-/Universitätsabschlüsse
- Generelle Regelungen sind auf den Seiten des Portals Anerkennung in Deutschland zusammengestellt, für den Hochschulbereich hier:
Bedeutsam sind diese Regelungen unter verschiedenen Gesichtspunkten:
- Das Führen von Titeln, die außerhalb des deutschen Bildungssystems erworben wurden, ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, wozu die Nennung der Stelle gehört, die diesen Titel vergeben hat. Dies kann bei Bewerbungen von Bedeutung sein.
- Für eine Reihe von Fällen ist jedoch eine Zulassung zum Beruf erforderlich. Dazu gehören Berufe des Gesundheitswesens, Lehrpersonal an staatlichen Schulen sowie einige Tätigkeiten im sozialen oder rechtspflegerischen Bereich (z. B. ErzieherInnen oder Anwälte/Anwältinnen). Das eingangs genannte Portal gibt hier Auskunft über die Berufe und die für die Anerkennung zuständigen Institutionen.
- Für die Zulassung zum Studium - also die Fortsetzung eines fluchtbedingt abgebrochenen Studiums oder die Zulassung zum Masterstudium - sind die Hochschulen selbst zuständig. Die hierbei geltenden Regelungen sind leider sehr restriktiv für Geflüchtete, da diese allen anderen Studienbewerbern aus dem Ausland gleichgestellt sind, obwohl sie sich den Studienort nicht frei wählen können.
- Einen Anhaltspunkt über den Status ausländischer Hochschulen gibt die Datenbank anabin, deren Angaben jedoch rechtlich nicht eingeklagt werden können: [3]
Berufliche Abschlüsse
Unter beruflichen Abschlüssen werden hier nur solche Sachverhalte beschrieben, die von praktischer Bedeutung bei der Arbeitsaufnahme von Geflüchteten sind und nicht bereits im vorherigen Abschnitt über Hochschul-/Universitätsabschlüsse behandelt wurden. Es geht dabei hier also um Abschlüsse in der Dualen Ausbildung sowie um berufsbildende schulische Abschlüsse, die durch Bundes- oder Landesrecht geregelt sind. Hinzu kommen Fortbildungsabschlüsse wie Meister oder Fachkaufleute und Fachwirte.
Das Verfahren der Anerkennung ist in Gesetzen auf Bundes- und Landesebene geregelt, wofür hier Auskünfte zu finden sind: [4]
In Berlin gibt es eine Härtefallregelung, in deren Rahmen eine Reihe von Kosten für das Anerkennungsverfahren bzw. für erforderliche Nachqualifizierungen übernommen werden können: [5]
Der Erwerb beruflicher Abschlüsse ist im Hinblick auf die Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten in Deutschland immer zu empfehlen, muss aber im Einzelfall gegenüber einer Arbeitsaufnahme mit guten Entwicklungsmöglichkeiten abgewogen werden.
Fachliche Zugangsvoraussetzungen
Für die meisten Arbeitsverhältnisse in Deutschland herrscht Vertragsfreiheit. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber darüber entscheidet, ob der Bewerber/die Bewerberin ihm geeignet erscheint. Ein nach deutschem Recht erworbener Berufsabschluss ist also bei der überwiegenden Zahl von Einstellungen nicht vorgeschrieben, sondern gibt dem Arbeitgeber lediglich Anhaltspunkte dafür, was er vom Bewerber erwarten kann. In der Beratung von Geflüchteten ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der häufig komplizierte Weg eines Anerkennungsverfahrens notwendig ist.
Es gibt jedoch eine Reihe von Einschränkungen für Tätigkeiten, bei denen Fragen der Arbeitssicherheit, des Verbraucherschutzes oder Tarifabsprachen eine Rolle spielen:
- Auf die erforderliche Zulassung zu bestimmten Berufen wurde bereits bei den Hochschulabschlüssen hingewiesen.
- Aus Gründen der Arbeitssicherheit dürfen auch bestimmte andere Tätigkeiten nur von Personen mit Qualifikationsnachweisen ausgeführt werden. Am häufigsten wird dies bei den Geflüchteten für Tätigkeiten an elektrischen Anlagen der Fall sein.
- Anforderungen an die Sachkunde sind sehr unterschiedlich geregelt und können hier nicht einmal alle aufgezählt werden. Sie können beispielsweise die Hygiene betreffen oder Handel bzw. Dienstleistungen mit Produkten, bei denen der Kunde meist über wenig Erfahrung verfügt.
- Tarifvertragliche Regelungen können dazu führen, dass freie Stellen nur an Absolventen bestimmter Abschlüsse vergeben werden können (dies gilt v. a. im öffentlichen Dienst).
Asylrechtliche Voraussetzungen
Zugang zu Bildung und Beruf
Verschiedene Rechtsvorschriften schränken den Arbeitsmarktzugang von Geflüchteten ein oder untersagen ihn vollständig. Die GGUA-Flüchtlingshilfe dokumentiert und aktualisiert diese Vorschriften in möglichst verständlicher Form: [6]
Wegen der sich häufig ändernden Rechtslage wird hier nur auf einige Punkte mit voraussichtlich längerer Geltungsdauer hingewiesen, während aktuelle Details der obigen Andresse zu entnehmen sind:
- Für Schulen, Hochschulen und Universitäten steht in der Praxis der Zugang ohne asylrechtliche Regelungen offen.
- Ausbildungsverhältnisse können unabhängig vom Flüchtlinhsstatus nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland abgeschlossen werden.
- Nach dem Integrationsgesetz vom 31.7.2016 wird für betriebliche und schulische Berufsausbildung eine Duldung für die Dauer der Ausbildung (drei Jahre) sowie für zwei Folgejahre bei Beschäftigung beim Ausbildenden erteilt. Wird der Ausgebildete nicht übernommen, erhält er zur Arbeitssuche eine sechsmonatige Duldung.
- Für Praktika wird seit einiger Zeit in die Flüchtlingsausweise eine Genehmigung eingestempelt, soweit diese möglich ist. Näheres findet sich in Inhaltsverzeichnis unter Praktikum.
- Für Geflüchtete aus Ländern, die Seitens der Bundesregierung als "sichere Herkunftsländer" bezeichnet werden, gelten verschärfte Beschäftigungsverbote.
- Soweit eine Zustimmung zur Arbeitsaufnahme erforderlich ist, erteilt diese ausschließlich das BAMF, das sich ggf. intern mit der Arbeitsagentur abstimmt.
Zielkonflikt: Integrationskurs oder Ausbildung, Studium Erwerbstätigkeit?
Den Fall, dass ein I-Kurs eine Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Studium hindert, kann und darf es nach dem Gesetz nicht geben.
Zu unterscheiden ist zwischen der Verpflichtung durch die Ausländerbehörde, die voraussetzt dass einfache mündliche deutsche Sprachkenntnisse Niveau A1 fehlen (§ 44a AufenthG Abs. 1 Nr. 1a), und der Verpflichtung durch eine Eingliederungsvereinbarung des Jobcenter, wenn ausreichende mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse Niveau B 1 fehlen (§ 44a AufenthG Abs. 2).
Ergebnis:
- Die Verpflichtung ist in jedem Fall aufzuheben, wenn sie eine reguläre Erwerbstätigkeit behindert.
- Der Fall eines Ausbildungs-/Studiumsbeginns trotz fehlender einfacher mündlicher Kenntnisse ist unwahrscheinlich (§ 44a AufenthG Abs. 1 Nr. 1a).
- Häufiger dürften ausreichende schriftliche und mündliche Kenntnisse fehlen und jemand dennoch (z. B. einen Master auf Englisch) studieren oder Azubi werden (§ 44a AufenthG Abs. 1 Nr. 2). In dem Fall kann und muss das Jobcenter die individuelle Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II anpassen, siehe Wortlaut § 3 Abs. 2b SGB II.
Hat jemand einen ausländischen akademischen Abschluss und betreibt eine Ausbildung oder ein Studium, ist er mangels Integrationsbedarf im Regelfall weder zum I-Kurs verpflichtet noch berechtigt, vgl. § 4 Abs. 2 IntV [7]
§ 44a AufenthG Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs [8]
(1) Ein Ausländer ist zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn
1. er nach § 44 einen Anspruch auf Teilnahme hat und
a) sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann ...oder
2. er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht und die Teilnahme am Integrationskurs in einer Eingliederungsvereinbarung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vorgesehen ist ... Die Verpflichtung ist zu widerrufen, wenn einem Ausländer neben seiner Erwerbstätigkeit eine Teilnahme auch an einem Teilzeitkurs nicht zuzumuten ist.
§ 2 AufenthG Begriffsbestimmungen
(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).
(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
§ 3 SGB II Leistungsgrundsätze [9]
(2b) Die Agentur für Arbeit hat darauf hinzuwirken, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nicht über deutsche Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügen und die
1. zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44 des Aufenthaltsgesetzes berechtigt sind,
2. nach § 44a des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet werden können ... an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes teilnehmen, sofern sie nicht unmittelbar in eine Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden können und ihnen eine Teilnahme an einem Integrationskurs daneben nicht zumutbar ist.