Gewalt gegen Kinder - Präventionskonzept für Gemeinschaftsunterkünfte: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Verein Zartbitter hat eine Arbeitshilfe „Flüchtlingskinder vor Gewalt schützen“ zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften entwickelt. Die Arbeitshilfe mit vielen Beispielen aus dem Alltag der Unterkünfte und zahlreichen Anregungen für die Entwicklung von Kinder-Gewaltschutzkonzepten wurde auf der Basis von Interviews mit geflüchteten Kindern, Eltern und Mitarbeiter*innen aus Gemeinschaftsunterkünften und der Jugendhilfe erstellt.
 
Der Verein Zartbitter hat eine Arbeitshilfe „Flüchtlingskinder vor Gewalt schützen“ zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften entwickelt. Die Arbeitshilfe mit vielen Beispielen aus dem Alltag der Unterkünfte und zahlreichen Anregungen für die Entwicklung von Kinder-Gewaltschutzkonzepten wurde auf der Basis von Interviews mit geflüchteten Kindern, Eltern und Mitarbeiter*innen aus Gemeinschaftsunterkünften und der Jugendhilfe erstellt.
  
[http://www.zartbitter.de/gegen_sexuellen_missbrauch/Aktuell/20160621_fluechtlingskinder_vor_gewalt_schuetzen.php Hier] finden Sie die Arbeitshilfe.
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[http://www.zartbitter.de/gegen_sexuellen_missbrauch/downloads/PDF_Grafiken/Fluechtlingskinder_Unterkuenfte_Gewalt.pdf Hier] finden Sie die Arbeitshilfe.
 
   
 
   
 
Um Tausende geflüchtete Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, stampften 2015 Länder und Kommunen Gemeinschaftsunterkünfte aus dem Boden. Diese wurden oftmals in Turn-, Leichtbau- und Industriehallen, maroden Hotels, leerstehenden Kasernen etc. untergebracht. Viele dieser Notlösungen entwickelten sich zu „Dauerlösungen“, in denen geflüchtete Mädchen und Jungen inzwischen seit Monaten unter kinderfeindlichen Bedingungen leben müssen. Die Sach-und Personalausstattung vieler dieser improvisierten Unterkünfte entspricht nicht den von der EU vorgegebenen Standards für Flüchtlingscamps und missachtet die UN-Kinderrechtskonvention. Oftmals gibt es kaum/keine Spielräume, nur ungenügende Spiel- und Freizeitangebote, keine Privatsphäre, keine Hilfen für traumatisierte Mädchen und Jungen zur Verarbeitung ihrer Kriegs-/und Fluchterfahrungen. Viele Kinder und Jugendliche haben keinen Schulplatz und „vergammeln“ auf Feldbetten in trübsinnigen, lauten Hallen, zusammen mit ihnen 100, 200 und mehr fremden Menschen auf einer Fläche von z.B. 4 qm² pro Person. Die sanitären Anlagen sind nicht selten defekt, Toiletten in den Hallen oftmals verschlossen, so dass selbst verängstigte Kinder im Vorschulalter nachts bei Wind und Wetter die Toiletten im Container vor der Unterkunft benutzen müssen. Spielsachen gibt es kaum, denn für die ist den kleinen Spinden der Familien kein Platz, ebenso wenig wie für ausreichend Kleidung. Würde ein deutsches Kind unter derartigen Bedingungen leben, so würden Jugendämter aufgrund von Kindesvernachlässigung tätig werden müssen. Für geflüchtete Kinder in deutschen Massenunterkünften scheinen die UN-Kinderrechte keine Gültigkeit zu haben. Die von den Betreibern der Gemeinschaftsunterkünfte als auch Ländern und Kommunen zu verantwortende strukturelle Kindesvernachlässigung wird von vielen Jugendämtern ignoriert.
 
Um Tausende geflüchtete Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, stampften 2015 Länder und Kommunen Gemeinschaftsunterkünfte aus dem Boden. Diese wurden oftmals in Turn-, Leichtbau- und Industriehallen, maroden Hotels, leerstehenden Kasernen etc. untergebracht. Viele dieser Notlösungen entwickelten sich zu „Dauerlösungen“, in denen geflüchtete Mädchen und Jungen inzwischen seit Monaten unter kinderfeindlichen Bedingungen leben müssen. Die Sach-und Personalausstattung vieler dieser improvisierten Unterkünfte entspricht nicht den von der EU vorgegebenen Standards für Flüchtlingscamps und missachtet die UN-Kinderrechtskonvention. Oftmals gibt es kaum/keine Spielräume, nur ungenügende Spiel- und Freizeitangebote, keine Privatsphäre, keine Hilfen für traumatisierte Mädchen und Jungen zur Verarbeitung ihrer Kriegs-/und Fluchterfahrungen. Viele Kinder und Jugendliche haben keinen Schulplatz und „vergammeln“ auf Feldbetten in trübsinnigen, lauten Hallen, zusammen mit ihnen 100, 200 und mehr fremden Menschen auf einer Fläche von z.B. 4 qm² pro Person. Die sanitären Anlagen sind nicht selten defekt, Toiletten in den Hallen oftmals verschlossen, so dass selbst verängstigte Kinder im Vorschulalter nachts bei Wind und Wetter die Toiletten im Container vor der Unterkunft benutzen müssen. Spielsachen gibt es kaum, denn für die ist den kleinen Spinden der Familien kein Platz, ebenso wenig wie für ausreichend Kleidung. Würde ein deutsches Kind unter derartigen Bedingungen leben, so würden Jugendämter aufgrund von Kindesvernachlässigung tätig werden müssen. Für geflüchtete Kinder in deutschen Massenunterkünften scheinen die UN-Kinderrechte keine Gültigkeit zu haben. Die von den Betreibern der Gemeinschaftsunterkünfte als auch Ländern und Kommunen zu verantwortende strukturelle Kindesvernachlässigung wird von vielen Jugendämtern ignoriert.

Aktuelle Version vom 8. August 2016, 15:22 Uhr

Der Verein Zartbitter hat eine Arbeitshilfe „Flüchtlingskinder vor Gewalt schützen“ zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften entwickelt. Die Arbeitshilfe mit vielen Beispielen aus dem Alltag der Unterkünfte und zahlreichen Anregungen für die Entwicklung von Kinder-Gewaltschutzkonzepten wurde auf der Basis von Interviews mit geflüchteten Kindern, Eltern und Mitarbeiter*innen aus Gemeinschaftsunterkünften und der Jugendhilfe erstellt.

Hier finden Sie die Arbeitshilfe.

Um Tausende geflüchtete Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, stampften 2015 Länder und Kommunen Gemeinschaftsunterkünfte aus dem Boden. Diese wurden oftmals in Turn-, Leichtbau- und Industriehallen, maroden Hotels, leerstehenden Kasernen etc. untergebracht. Viele dieser Notlösungen entwickelten sich zu „Dauerlösungen“, in denen geflüchtete Mädchen und Jungen inzwischen seit Monaten unter kinderfeindlichen Bedingungen leben müssen. Die Sach-und Personalausstattung vieler dieser improvisierten Unterkünfte entspricht nicht den von der EU vorgegebenen Standards für Flüchtlingscamps und missachtet die UN-Kinderrechtskonvention. Oftmals gibt es kaum/keine Spielräume, nur ungenügende Spiel- und Freizeitangebote, keine Privatsphäre, keine Hilfen für traumatisierte Mädchen und Jungen zur Verarbeitung ihrer Kriegs-/und Fluchterfahrungen. Viele Kinder und Jugendliche haben keinen Schulplatz und „vergammeln“ auf Feldbetten in trübsinnigen, lauten Hallen, zusammen mit ihnen 100, 200 und mehr fremden Menschen auf einer Fläche von z.B. 4 qm² pro Person. Die sanitären Anlagen sind nicht selten defekt, Toiletten in den Hallen oftmals verschlossen, so dass selbst verängstigte Kinder im Vorschulalter nachts bei Wind und Wetter die Toiletten im Container vor der Unterkunft benutzen müssen. Spielsachen gibt es kaum, denn für die ist den kleinen Spinden der Familien kein Platz, ebenso wenig wie für ausreichend Kleidung. Würde ein deutsches Kind unter derartigen Bedingungen leben, so würden Jugendämter aufgrund von Kindesvernachlässigung tätig werden müssen. Für geflüchtete Kinder in deutschen Massenunterkünften scheinen die UN-Kinderrechte keine Gültigkeit zu haben. Die von den Betreibern der Gemeinschaftsunterkünfte als auch Ländern und Kommunen zu verantwortende strukturelle Kindesvernachlässigung wird von vielen Jugendämtern ignoriert.

In Gemeinschaftsunterkünften erleben Kinder und Jugendliche häufig sexuelle, psychische und körperliche Gewalt sowohl durch geflüchtete Erwachsene, Jugendliche und Kinder als auch Mitarbeiter*innen der Unterkünfte. Nicht selten sind sie zum Beispiel den Schikanen der Securitys ausgeliefert, die mangels pädagogischer Fachkräfte vielfach zu Hauptansprechpersonen von Kindern und Jugendlichen werden und ihre Machtposition missbrauchen. Mädchen und Jungen, Eltern und Mitarbeiter*innen von Unterkünften berichteten, dass z. B. immer wieder Securitys Kinder an den Ohrläppchen reißen, nachts mit der Taschenlampe ins Gesicht strahlen und ihren Schlaf stören. Nicht nur in Einzelfällen werden Kinder von ihnen schon bei kleinen Regelverstößen ineinander geschrien – z. B. wenn Mädchen nicht besonders leise, sondern mit normaler Lautstärke spielen. Die Sanktionen sind manchmal noch deutlich massiver bis hin zu massiver körperlicher Gewalt.

Insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende, außerhalb der regulären Arbeitszeit der Heimleitungen, werden Mädchen und Jungen Zeug*innen von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen geflüchteten Erwachsenen. Fast immer sind sie diesen Situationen schutzlos ausgeliefert, denn nur in wenigen Gemeinschaftsunterkünften gibt es Schutzräume, in die sich Mädchen und Jungen zurückziehen können. Noch seltener gibt es ein qualifiziertes Kriseninterventionsteam, das Kindern und Jugendlichen als Ansprechpersonen zur Verfügung steht. „Es ist ethisch und fachlich unverantwortlich, dass Kommunen und Betreiber in den Abendstunden und am Wochenende kaum ein regelmäßiges Freizeitangebot in den Unterkünften anbieten und es keine Kriseninterventionsteams gibt, die bei Konflikten unter Geflüchteten deeskalierend intervenieren könnten. Die Securitys tragen durch ihr Verhalten leider oftmals nicht zur Deeskalation, sondern zur Eskalation bei. Kein Wunder, dass es dann knallt!“ erklärt Ursula Enders, Leiterin von Zartbitter Köln.

Inzwischen werden von Politik und Fachverbänden zunehmend Forderungen nach Kinder- und Gewaltschutzkonzepten für Gemeinschaftsunterkünfte laut. Allerdings erschöpfen sich diese Forderungen meist in der Auflistung notwendiger Maßnahmen (Beschwerdemanagement, Verhaltenskodex, Vernetzung, Schutzräume etc.). Eine für die Entwicklung institutioneller Kinder- und Gewaltschutzkonzepte notwendige Risikoanalyse des Arbeitsfeldes wurde bisher nicht geleistet. Die Begleitung von Institutionen bei der Entwicklung institutioneller Schutzkonzepte ist seit vielen Jahren Arbeitsschwerpunkt von Zartbitter Köln. In den letzten sechs Monaten hat Zartbitter eine Risikoanalyse zum Arbeitsfeld „Gemeinschaftsunterkünfte“ unter Partizipation von Kindern und Jugendlichen erstellt. Risikoanalysen sind ein Instrument, um sich Gefahrenpotenziale und Gelegenheitsstrukturen für Gewalt in Institutionen bewusst zu machen. Die Beraterinnen der Kölner Fachberatungsstelle führten zahlreiche Einzel- bzw. Gruppengespräche mit geflüchteten Mädchen und Jungen, Eltern und Mitarbeiter*innen aus Unterkünften. Der „Blick“ von außen offenbarte ein erschreckendes Ausmaß interpersoneller und struktureller Gewalt hinter den weitgehend verschlossenen Türen der Gemeinschaftsunterkünfte. „Die Schutzlosigkeit von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Massenunterkünften erinnert an die Berichte von Frauen und Männern, die in den 50er und 60er Jahren in Heimen untergebracht waren und dort missbraucht sowie körperlich und psychisch misshandelt wurden,“ erklärt Ursula Enders. Sie hätte sich „vor ihrer Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Gemeinschaftsunterkünften nicht vorstellen können, dass in Deutschland ein solches Ausmaß der Gewalt gegen Mädchen und Jungen auch heute noch möglich ist“. Erschütternd war für sie und ihre Kolleginnen ebenso die Erkenntnis, wie wenig naheliegende Möglichkeiten genutzt werden, um die Lebenssituation der geflüchteten Kinder und Jugendlichen erträglicher zu gestalten. Die Betreiber stellen z. B. Mädchen und Jungen noch nicht einmal Gewürze zur Verfügung, die sie aus ihren Heimatländern kennen. Stattdessen gibt es seit Monaten meist eintöniges Krankenhausessen, das auf Dauer nur schwer genießbar ist. Matratzen sind auf den Feldbetten angeblich aus Gründen des Brandschutzes nicht gestattet. Nach mehreren Monaten Schlaf auf Feldbetten leiden viele Geflüchtete unter Rückenschmerzen und schlafen deshalb auf dem Fußboden. Doch diese Alternative ist in Turnhallen oftmals noch nicht einmal gegeben: Die Feldbetten stehen so eng nebeneinander, dass auf dem Fußboden zum Schlafen kein Platz ist…

Die im Rahmen der Analyse der Lebensbedingungen von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Gemeinschaftsunterkünften gewonnenen Erkenntnisse haben die Mitarbeiterinnen von Zartbitter Köln nun genutzt, um die Arbeitshilfe „Flüchtlingskinder vor Gewalt schützen“ mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen im Sinne des Kindeswohls in Gemeinschaftsunterkünften zu erstellen. Den Mitarbeiterinnen von Zartbitter ist bewusst, dass die vorliegende Beschreibung der Lebensbedingungen geflüchteter Mädchen und Jungen in Gemeinschaftsunterkünften zunächst sprachlos machen kann. Doch hoffen sie, dass die Arbeitshilfe Anregungen für die Entwicklung von Kinder- und Gewaltschutzkonzepten gibt und dazu beiträgt, dass Kommunen, Länder und Betreiber von Flüchtlingsunterkünften sich ihrer Verantwortung für das Kindeswohl stellen.